Konzeptbeschreibung: 1. Eifel Ownhome
Bauen und Wohnen: Cradle2Cradle + Autarkie
Ist es möglich ein Haus so zu bauen, dass allein durch den Bau eine geringere Menge CO2 freigesetzt wird, als die verwendeten Materialien an CO2 selbst einlagern? Und kann ein Haus so konzipiert werden, dass es sogar in der Eifel mit ganz geringem Ressourceneinsatz so bewohnt werden kann, dass die Energie, die für ein angenehmes Wohnen erforderlich ist, selbst produziert werden kann?
Wir drei Schwestern Katrin, Christina und Laura stellten uns am Anfang der Coronakrise einige Fragen. Wir haben diese besondere Zeit zum Anlass genommen, uns intensiv damit zu beschäftigen, wie wir nicht nur selbst die größtmögliche Verantwortung für zukünftige Generationen übernehmen können, sondern zusätzlich die Möglichkeit schaffen könnten, auch andere für eine weltgerechte Lebensweise zu begeistern. Inspiriert durch die SoBaWi, die solidarischen Bauwirtschaft und das Konzept des Ownhomes von Klemens Jakob, zu dem Katrin in engem Kontakt steht, haben wir mit der Planung unseres eigenen ökologischen Hauses begonnen, denn wir möchten Teil der notwendigen Veränderung in unserer Gesellschaft sein.
Dazu bot sich eine besondere Gelegenheit durch die Grundstücke unseres Vaters. Nicht ganz sicher, warum seine Töchter mit einem kleinen, autarken Haus aus natürlichen Materialien zurück in die Steinzeit wollten, ließ er sich doch von der Idee, gemeinschaftlich ein Beispiel für nachhaltige Lebensweise mit vertretbarem Ressourcen- und Energieverbrauch zu etablieren und für andere zugänglich zu machen, begeistern. Inklusive unserer Mutter, die die Notwendigkeit für ein Umdenken schnell erfasste, ist nun die gesamte Familie in den Bau dieses besonderen Hauses involviert, das – bis auf wenige Ausnahmen – aus nur drei natürlichen Rohstoffe besteht: Holz, Stroh und Lehm. Die Konstruktionen von Boden, Wänden und Dach basieren auf Holzständerbauweise, gedämmt mit Stroh, verputzt mit Lehm. Die Wände werden mit Holzschindeln verkleidet und das Dach mit Trapezblech gedeckt. Der Einsatz von energieintensivem Zement wird auf das Streifenfundament, die Zementfaserplatten am Boden und den Schornstein reduziert. Verbundwerkstoffe, die meist bei der Entsorgung als Sondermüll anfallen, kommen gar nicht zum Einsatz. Der Cradle to Cradle Gedanke spielt hier eine wichtige Rolle, wobei auch auf die regionale Beschaffung der Materialien geachtet wird.
Autarkie und Energieeffizienz: Details zum Energiekonzept
Nachhaltige Energieversorgung beginnt bei der Einsparung des Energiebedarfs, deshalb wird der Effizienzhaus Standard KfW 40 plus angestrebt. Hinzu kommt, dass der Energiebedarf durch eigene Energieproduktion komplett gedeckt werden soll – langfristig soll über die Einspeisung von überschüssigem Strom sogar ins öffentliche Netz eingespeist werden. Die Position und Ausrichtung des Hauses mit Traufseite in Nord-Südrichtung ist an die Wetterbedingungen in der Eifel für Solartechnik angepasst. Die Energieversorgung wird durch eine Kombination aus verschiedenen erneuerbaren Energietechnologien gewährleistet:
1. Stromproduktion erfolgt über PV-Module auf beiden Dachflächen gekoppelt mit einem
Batteriespeichersystem für 5 Tage Stromautarkie (3 kWp, 1500 Ah)
2. Solares Lüften mit Luftkollektor an der Südfront, Kollektorfläche ca. 2 m2, besonders
im Winter zur Heizungsunterstützung und zum Lüften bei Abwesenheit
3. Holzherd in der Küche als Einzelraumfeuerung zur Beheizung und zum Kochen im
Winter
4. Warmwasserbereitung durch einen Badeofen mit Holz (vor allem in der kalten und
Sonnenstunden-armen Jahreszeit) und überschüssigem Strom für Duschwasser und
Wandheizung bei ausreichend Sonnenenergie-Produktion.
5. Haushalts-Biogasanlage für die Produktion von Kochgas und organischem Dünger aus
organischen Abfällen
6. Biomeiler aus Holzhackschnitzeln zum Beheizen der Haushalts-Biogasanlage
Das Autarkiekonzept beinhaltet außerdem eine Wasserversorgung inkl. Pflanzenkläranlage
und Regenwassertank. Grau- und Schwarzwasser werden so getrennt, dass das leicht
verunreinigte Grauwasser im Kreislauf recycelt wird, um so den Wasserverbrauch stark zu reduzieren.
Informieren und Erleben: Demonstration für die Öffentlichkeit
Die Materialien und Technologien, die im Haus zum Einsatz kommen, sind wohl überlegt
kombiniert. Wir möchten diese Informationen Interessenten des ökologischen und
nachhaltigen Bauens und Lebens zugänglich machen, z. B. durch öffentliche Besuchstage.
Darüber hinaus möchten wir vor Baubeginn über die lokale Zeitung sowie Social Media über unser Vorhaben informieren und zum Mitmachen oder einfach nur “Vorbeischauen” einladen. Wir freuen uns, wenn wir das Interesse der Bevölkerung wecken und dabei die Erfahrungen mit teils neuen Technologien und Materialien, die in Kooperation mit den Herstellern (Strohdämmplatte von Maxit, Solarsystem von Phaesun) getestet werden, mit anderen teilen können. Das Besondere ist allerdings, dass auch für den globalen Süden entwickelte Lösungen, die in Deutschland bisher kaum bekannt sind, zum Einsatz kommen sollen. Dazu zählen u.a. eine Haushalts-Biogasanlage, ein Biomeiler, Schwerkraftlampen oder Solarkühlschrank.
Umsetzen und Betreiben: die beteiligten Personen
Katrin (39) ist Schreinerin, Umweltwissenschaftlerin und Agraringenieurin und vertreibt mit ihrem Social Business (B)energy Haushalts-Biogastechnik (www.be-nrg.com) in den Ländern des globalen Südens, besonders in Afrika. Sie setzt sich für eine nachhaltige Energieversorgung ein, indem sie die Biogasproduktion aus organischen Abfällen auf technisch einfachem Niveau ermöglicht. Dabei verfolgt sie einen Social Business Ansatz, der aus Rücksicht auf lokale Wirtschaftsentwicklung ohne westliche Entwicklungshilfe auskommt.
Außerdem engagiert sie sich für die Einführung von nachhaltigen Energielösungen auch in Deutschland, indem sie die Biogastechnik an europäische Anforderungen anpasst und somit aktiven Klimaschutz in die Haushalte bringt.
Christina (37) begleitet freiberuflich als Beraterin Veränderungsprozesse in
verschiedenen Organisationen (www.ressourcen-aktivierer.de). Parallel dazu entwickelt sie als Koordinatorin im Dachverband des Deutschen Sports eine Struktur für die optimale
sportpsychologische Betreuung von Spitzenathlet*innen; zuvor engagierte sie sich über viele Jahre für die Integration und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte – von der Basis als Streetworkerin bis zur Bundesebene im Programm “Integration durch Sport”. Als Mutter eines zweijährigen Sohnes ist sie nicht nur aus Rücksicht auf nachfolgende Generationen an einer nachhaltigen Lebensweise interessiert, sondern auch daran, diese in der Erziehung ihrer Kinder vorzuleben.
Laura (32) ist Sozialpädagogin, die sich für sozial benachteiligte Kinder engagiert und Integrationsarbeit in Bonn leistet. Über Jahre betreute sie als stellvertretende Teamleiterin in einer intensivpädagogischen Wohngruppe Kinder aus angespannten Familienverhältnissen mit dem Ziel, diese durch intensive Elternarbeit wieder ins häusliche Umfeld zurückzuführen.
Mittlerweile koordiniert sie Integrationshelfer*innen in Kitas und Schulen. Auch sie möchte der nachfolgenden Generation das Wissen, das für eine gerechtere Welt nötig ist, mit auf den Weg geben.
Edmund und Romy, die Eltern von Katrin, Christina und Laura, beteiligen sich an dem Projekt, da auch sie sich für eine enkeltaugliche Zukunft einsetzen möchten. Edmund stellt dazu die beiden Grundstücke zur Verfügung, Romy beteiligt sich finanziell.
Lokal und innovativ: Interessant für die Gemeinde
Als das erste Ownhome der Gemeinde Nettersheim möchten wir hier die potentiellen Vorteile für die Region darstellen.
1. Öffentliches Interesse:
Mit innovativen, ökologischen Projekten können Gemeinden Aufmerksamkeit und
Medieninteresse auf sich ziehen
2. Imagegewinn durch Vorreiterrolle:
Als treibende Kraft einer generationenübergreifenden Bewegung können Gemeinden
zeigen, dass ein glückliches Leben auch mit vertretbarem Ressourcen- und
Energieverbrauch möglich ist
3. Impuls gegen Landflucht/Impuls für Stadtflucht
4. Ressourcen schonen leben mit dem Schwerpunkt auf Autarkie ist prädestiniert für
den ländlichen Raum. Das steigert die Attraktivität auch kleinerer Ortschaften.
5. Stärkung der Wirtschaft vor Ort:
Die ersten Projekte ziehen viele Besucher an. Übernachtungsmöglichkeiten und die
umliegende Gastronomie werden von den Besuchern profitieren.
6. Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region:
Durch lokale Materialbeschaffung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen werden
Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen.
7. Stabile Versorgungsinfrastruktur:
Gemeinden mit Ownhome-Häusern sind unabhängiger und weniger anfällig für
Störungen wie z. B. Stromausfall oder Trinkwasserknappheit.
8. Zeit und Kostenersparnis bei der Erschließung:
Die zu bebauende Fläche muss nicht erschlossen werden.
9. Zunahme der Artenvielfalt:
Die Vielfalt von Pflanzen und Tieren nimmt durch die naturverbundene Lebensweise
zu.
10. Bildung:
Die Kreisläufe des Ownhomes fördern Wissen und das Interesse z. B. an
Biologie, Chemie und Physik. Diesen riesigen gelebten Wissensschatz kann keine
Schule vermitteln.